Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie wurde v. a. in den USA aus der Lerntheorie entwickelt. Der Kerngedanke ist, dass (problematisches) Verhalten erlernt wurde und auch wieder "verlernt" werden kann, bzw. neue, angemessenere Verhaltensmuster erlernt werden können.

Eine Verhaltenstherapie legt ihren Schwerpunkt auf das derzeitiges Verhalten des Klienten und die sich daraus ergebenden Einstellungen. Diese sollen nach Möglichkeit mit Hilfe der Verhaltenstherapie verändert werden.

Vereinfacht gesagt: Anstatt die Ursachen für seelische Probleme in der Kindheit zu suchen, soll der Patient vor allem Techniken für die Gegenwart erlernen, um mit seinen Belastungen umzugehen.

Die Verhaltenstherapie besteht aus vielen unterschiedlichen Methoden. Sie zielen darauf ab, den Patienten letztlich zur Selbsthilfe anzuleiten.

Der Verhaltenstherapie zufolge ist unser Leben durch Lernvorgänge geprägt. Gute und schlechte Erfahrungen verstärken Verhaltensweisen oder schwächen sie ab. Auch psychische Störungen können nach dieser Theorie aufgrund ungünstiger oder belastender Lernerfahrungen entstehen. Hat ein Mensch einmal falsche Verhaltensweisen "gelernt", die zu Problemen führen, geht die Verhaltenstherapie davon aus, dass er sie auch wieder "verlernen" kann. Der Betroffene eignet sich neue Einstellungen und Verhaltensweisen an, um zum Beispiel Ängste oder Essstörungen zu überwinden oder sein Selbstvertrauen zu stärken.

Dabei setzt der Psychotherapeut zum Beispiel Angstbewältigungsstrategien, Rollenspiele, Verhaltensübungen, Vorstellungsübungen (mentales Training) und Entspannungsverfahren ein.

Therapeut und Patient untersuchen gemeinsam das Problem ,die  Bedingungen, die zum problematischen Verhalten führen werden analysiert. In der modernen Verhaltenstherapie werden dafür auch Gefühle, Gedanken und körperliche Prozesse genauer betrachtet. Die erweiterte Verhaltensanalyse schließt außerdem das Umfeld des Patienten mit ein, wie zum Beispiel das Verhalten von Familienangehörigen, Arbeitskollegen, Freunden und Bekannten.

Nachdem der Psychotherapeut  das Problem und die dazu führenden Verhaltensweisen analysiert hat, legt er zusammen mit dem Patienten die Therapieziele in einer Zielvereinbarung (Therapievertrag) fest. Sind die Ziele bestimmt, wählen Therapeut und Patient gemeinsam die passenden Methoden aus. In der Verhaltenstherapie können inzwischen mehr als fünfzig verschiedene Einzelverfahren eingesetzt werden. Die bekanntesten sind das Konfrontationsverfahren und die kognitive Verhaltenstherapie.


Konfrontationstherapie

Die Konfrontationstherapie erfolgt vor allem, um Angst- und Zwangsstörungen zu behandeln. Wenn der Patient zustimmt, wird er Schritt für Schritt – und keinesfalls "überfallartig" – seinen angstauslösenden Reizen ausgesetzt. Dies können zum Beispiel bei Angsterkrankungen enge Räume (Klaustrophobie) oder große Plätze (Agoraphobie) sein, oder soziale Situationen wie sprechen vor anderen (soziale Phobie). Bei speziellen Ängsten lösen einzelne Reize, wie zum Beispiel Spinnen oder große Höhe, Panikreaktionen aus.

Durch die langsame, schrittweise Gewöhnung unter Aufsicht des Therapeuten erlebt der Patient, dass sich die Angst nicht ins Unendliche steigert, sondern dass er sich langsam daran gewöhnt, auch wenn er nicht "flieht". Ähnlich funktioniert es mit Zwangsstörungen. Der Patient erkennt, dass kein schreckliches Ereignis eintritt, wenn er seine zwanghaften Handlungen nicht ausführen darf. So kann er durch die Konfrontation die Angst beziehungsweise den Zwang "verlernen".


Kognitive Verhaltenstherapie

Im Mittelpunkt der kognitiven Therapieverfahren steht weniger, wie der Patient handelt. Vielmehr sind seine Einstellungen, Gedanken, Bewertungen und Überzeugungen wichtig. Der Patient soll lernen, seine Sichtweisen und Reaktionen auf Ereignisse und Dinge zu ändern, also aktiv zu gestalten. Depressiv Erkrankten kann es damit gelingen, negative Gedanken durch rationalere zu ersetzen. Menschen mit psychosomatischen Erkrankungen können eine verzerrte Körperwahrnehmung und Fehlinterpretationen von Körperwahrnehmungen abbauen beziehungsweise korrigieren.

Häufig eingesetzte Techniken sind unter anderem das Sammeln und Aufzeichnen automatisch sich einstellender Gedanken, und das Argumentieren dagegen. Zusätzlich lernt der Patient das "Realitätstesten" und  "Entkatastrophisieren" von Gedanken.


Bei welchen seelischen Problemen kann eine Verhaltenstherapie helfen?

Die Verhaltenstherapie bietet Hilfe, wenn das Denken, Fühlen, Erleben oder Handeln gestört ist. Sie ist für Erwachsene sowie für Kinder und Jugendliche geeignet.

Besonders bewährt hat sie sich bei Depressionen und Ängsten (Phobien, Panikattacken), sowie bei Essstörungen, Süchten und Zwängen. Therapeuten setzen sie auch bei der Hilfe nach Traumata (zum Beispiel nach Unfällen oder Missbrauch), Selbstsicherheitsproblemen, stressbedingten Erkrankungen wie Burnout und Lebenskrisen ein. Die Verhaltenstherapie selbst verzichtet auf Medikamente. Sie kann aber auch begleitend medikamentöse und andere medizinische Behandlungen ergänzen.